Knut Bischoff
Mediation - Supervision - Coaching
 


 

Nachfolgend stelle ich die Heilanstalt Schellhorner Berg (1896 - circa 1926) und die Zeit des Beginns der jetzigen Kinder- und Jugendpsychiatrie auf dem Heesterberg in Schleswig (1871 - 1905) vor.


Neben einem allgemeinen Interesse an dem Thema, ergibt sich der Bezug insbesondere daraus, dass die vorgestellten Begründer der Anstalten mein Urgroßvater Dr. Otto Jaspersen (Schellhorner Berg) und mein Ur-Urgroßvater Friedrich Ludwig Stender (Heesterberg) waren.


Neben diversen Fotografien und schriftlichen Aufzeichnungen sind mir insbesondere viele skurille Geschichten, welche ich früher von meiner Großmutter hörte, in guter Erinnernung. Diese handelten oft weniger von den Patientinnen als viel mehr von der eigenen Verwandtschaft und dem Umstand, dass meine Urgroßmutter häufig die bessere Therapeutin als ihr ärztlicher Gatte war.


Als letztes zur damaligen Schellhorner Anstalt zugehöriges Gebäude steht heute noch das Gärtner- und Kutscherhaus. In Schlewig ist in dem Ursprungsgebäude immer noch eine Tagesklinik untergebracht.

 

Neues Doktorhaus



 Anstalt "Schellhorner Berg"

Lageplan

Altes Doktorhaus (offenes Haus)
Kuhhaus (landwirtschaftlicher Teil)
Pferdestall

1896 begründete Otto Jaspersen die Anstalt mit zunächst zwei Villen welche in dem heutigen Wohngebiet “Mühlenpark” in Preetz standen. Sie diente dem Zweck der Behandlung “nerven- und gemüthskranker Damen”. Zwischenzeitlich wurden auch Herren aufgenommen, der Schwerpunkt belief sich jedoch auf die Therapie von Patientinnen.


Dr. Otto Jaspersen (*16.03.1863 + 20.12.1926)


Hier kam Otto Jaspersens Frau Elisabeth eine wichtige Rolle zu. Diese war Ansprechpartnerin und oftmals Vertraute für die aus ihrem gewohnten Umfeld gerissenen Damen. Insgesamt war die Atmosphäre der Anstalt eine sehr persönliche. Mahlzeiten wurden häufig von Arztfamilie und Patientinnen gemeinsam eingenommen und Elisabeth Jaspersen ermunterte die Damen zu handwerklichen Tätigkeiten und zur Gartenarbeit an der frischen Luft.


eine Übersicht der behandelten Krankheitsbilder mit den damals üblichen Bezeichnungen


Bemerkenswert war der technische Komfort der Gebäude, der für die damalige Zeit als außerordentlich fortschrittlich zu bewerten war. Jedes Haus verfügte bspw. über eine getrennte zentrale Warmwasserheizung und durch Leuchtgas betriebene Gasglühlichter.
Es gab einen eigenen Brunnen zur Wasserversorgung mittels Gasmotoren und Erwärmung über die Heizanlage und eine eigene Kläranlage. Außerdem verfügten die Gebäude über Fernsprechapparate.


1939 wurde die Klinik geschlossen und u.a. von 1945 bis 1949 durch die englische Besatzungsmacht besetzt. Später richteten sich Flüchtlinge in den Gebäuden ein und schließlich wurden die letzten bewohnbaren Wohnungen vermietet. Zwischen 1972 bis 1980 wurde das Grundstück an die Wankendorfer Baugenossenschaft verkauft und im Jahr 1981 die letzte Villa abgerissen.



Neue Villa (Haus für "Gemüthskranke")



Mit dem “Schellhorner Berg” starb eine psychiatrische Klinik, die in ihrer besonderen Kombination vom Luxus, Landwirtschaft, Familienanschluß, Zentrierung auf die Gründerpersönlichkeit und dem “Wahnsinn” keinen Nachfolger in Schleswig-Holstein gefunden hat. (Zitat: Dr. Peter Hamann, Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Heft 12 (1987))


 



 Anstalt "Heesterberg"


1871 ließ der Pädagoge Friederich Ludwig Stender das erste Haus (Haus A - heute Tagesklinik “Baumhaus”) auf dem Heesterberg in Schleswig errichten. Zuvor hatte er bereits 1861 die ursprüngliche “Heil- und Pflegeanstalt für blöd- und schwachsinnige Kinder” von dem Arzt Dr. Christian Ferdinand Hansen nach dessen Tod übernommen.

Friedrich Ludwig Stender
Haus A (heutige Tagesklinik)



Nach einigem hin und her war die Anstalt 1862 mit 40 Pfleglingen zunächst nach Sonderburg gezogen und nach den Wirren kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Dänemark, Preußen und Österreich und später auch noch Frankreich dann doch wieder nach Schleswig gewechselt. Nach einem kurzen Dasein in der Domschule und in einem Privathaus fand die Anstalt dann ihrem endgültigen Sitz auf dem Heesterberg. Sie zählt neben Einrichtungen in Berlin und im Umkreis von Leipzig zu den ältesten Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie.

34 Jahre lang betreute Stender die Kinder, davon 23 Jahre auf dem Heesterberg. Am 1. Oktober 1895 übergab er die Anstaltsleitung an seinen Sohn, den Arzt Dr. August Stender. Ludwig Stender verstarb am 8. September 1902.